Kuba-Brief Nr. 27: Die Saratoga-Explosion, der Amerika-Gipfel und zarte Embargo-Erleichterungen

Die aktuellen Kuba-News direkt aus Havanna von Andreas Knobloch

Themen heute: die Saratoga-Gasexplosion mit 46 Toten & Der Straßenwechselkurs sinkt aufgrund der Verhandlungen im Vorfeld des Amerika-Gipfels

Von Andreas Knobloch, Havanna

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kuba-Interessierte,

es ist viel passiert in den vergangenen Wochen. Vor allem das Unglück im Hotel Saratoga, bei dem 46 Menschen bei einer Gasexplosion ihr Leben verloren und fast Hundert weitere zum Teil schwer verletzt wurden, hat tiefe Spuren hinterlassen. Dass das Hotel noch nicht wiedereröffnet war, hat eine wohl noch schlimmere Katastrophe verhindert. Eine genaue Untersuchung steht noch aus. Sie soll klären, ob der Unfall auf menschliches oder technisches Versagen zurückzuführen ist.

Kurz nach dem Unglück besuchte Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador Havanna. Dabei kündigte er die Rekrutierung von 500 kubanischen Ärzten an. Das wiederum eröffnete eine polemische Debatte in Mexiko selbst. Zugleich übte López Obrador in Havanna scharfe Kritik an der US-Blockade gegen Kuba und stellte seine Teilnahme am Anfang Juni in Los Angeles stattfindenden Amerika-Gipfel infrage, sollten nicht alle Länder der Region eingeladen werden. Damit entfachte er eine noch viel größere Debatte. Bolivien und Honduras schlossen sich der mexikanischen Haltung an. Auch andere Staaten der Hemisphäre übten Kritik an der Haltung der US-Regierung.

Die hatte angekündigt, Kuba, Nicaragua und die Regierung des venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro nicht einzuladen. Kubas Präsident Diaz-Canel hat mittlerweile erklärt, er werde unter keinen Umständen am Gipfel teilnehmen. Washington erwägt Medienberichten zufolge, Kuba eine Beobachterrolle beim Gipfel zuzugestehen; aber weder Präsident noch Außenminister sollen eingeladen werden. Ein solcher Schritt wäre wohl vor allem ein Zeichen an Mexiko. Ein Fehlen des Präsidenten des Nachbarlandes und wichtigsten Wirtschaftspartners in Lateinamerika wäre fatal für US-Präsident Joe Biden, für den die Gipfelvorbereitungen alles andere als glücklich verlaufen.

Die zuletzt angekündigten Sanktionserleichterungen gegenüber Kuba und Venezuela sind dann wohl vor allem auch in diesem Kontext zu verstehen. Daraus eine wirkliche Kehrtwende in der US-Kuba-Politik abzulesen, wäre wohl allzu optimistisch. Neben dem Amerika-Gipfel spielt für die Entscheidung Washingtons, Beschränkungen von Reisen und Geldüberweisungen nach Kuba aufzuheben, sowie das Programm zur Familienzusammenführung und konsularische Dienstleistungen wieder aufzunehmen, wohl vor allem der Massenexodus von der Insel und die sich abzeichnende Migrationskrise (dazu ausführlich im nächsten Kuba-Brief) eine Rolle. Denn an einer solchen dürfte auch die US-Regierung kein Interesse haben. So heißt es im ersten Satz des vom US-Außenministerium veröffentlichten Informationsblatts zu den angekündigten Maßnahmen denn auch vielsagend: „Heute unternehmen die Vereinigten Staaten eine Reihe von Schritten, um die Unterstützung für das kubanische Volk im Einklang mit unseren nationalen Sicherheitsinteressen zu verstärken.“ Diese nationalen Sicherheitsinteressen hatten Mitte April bereits zur Wiederaufnahme der seit 2018 ausgesetzten bilateralen Migrationsgespräche geführt.

Dass eine wirkliche Annäherung noch in weiter Ferne liegt, zeigt neben der Nicht-Einladung zum OAS-Gipfel in Los Angeles auch der Umstand, dass nur drei Tage nach der Verkündung der Reiseerleichterungen die Regierung Biden Kuba erneut auf eine Liste von Ländern gesetzt hat, die nach Ansicht Washingtons „im Kampf gegen den Terrorismus nicht vollständig kooperieren“.

Immerhin eines hat die Aufhebung von Beschränkungen für Reisen und Remesas bewirkt: Der inoffizielle Wechselkurs von Euro und US-Dollar ist nach den Hochs Mitte Mai – 128:1 respektive 115:1 – seit Tagen auf Talfahrt und notiert aktuell bei 110:1 bzw. 96:1. Immer noch weit entfernt vom offiziellen Wechselkurs von 1:24 aber immerhin ein vorsichtig positiver Trend.

In diesem Sinne viel Vergnügen bei der Lektüre. Ich hoffe, Sie finden wieder einige für Sie interessante Informationen! Passen Sie auf sich auf und bleiben Sie gesund! Wie immer freue ich mich über Rückmeldungen, Anregungen und Kritik.

Andreas Knobloch, Havanna

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Den Rest des Kuba-Briefs finden Sie hier: Weiterlesen!
Unter anderem mit folgenden Themen:

1. Washington nimmt einige Trump-Maßnahmen zurück.

2. Die kubanische Regierung will MLC an ausgewählte Akteure verkaufen.

3. Kuba vergibt Lizenzen für Kryptowährungsdienste.

Weiterhin folgende Kurznachrichten:

  • Die ALBA-Staaten lehnen den Ausschluss vom Amerika-Gipfel in den USA ab.
  • Eine starke Explosion hat am 6. Mai das Hotel Saratoga in Havannas Altstadt großteils zerstört.
  • Mexiko will 500 kubanische Ärzte unter Vertrag nehmen, um das Gesundheitssystem zu stärken.
  • Strafrechtsreform in Kuba verabschiedet.
  • Kubas Oberster Gerichtshof reduziert die Strafen für Demonstranten vom 11. Juli.
  • Fatale Zuckerernte in Kuba.
  • Die Regierung Biden hat Kuba erneut auf eine Liste von Ländern gesetzt, die nach Ansicht Washingtons „im Kampf gegen den Terrorismus nicht vollständig kooperieren“.
  • Kubas Tabakunternehmen Habanos bricht Umsatzrekord.
  • Kuba verabschiedet ein neues Umweltgesetz.
  • Einfuhrbeschränkungen für Lebensmittel und Medikamente bleiben weiter ausgesetzt.
  • Iran produziert den kubanischen COVID-Impfstoff Soberana 02.
  • Der von kubanischen Wissenschaftlern entwickelte COVID-Impfstoff Soberana 02 wird möglicherweise in Italien hergestellt.
  • Kuba hat in diesem Jahr nur knapp mehr als die Hälfte der im Plan vorgesehenen Medikamente hergestellt.
  • Abkommen zur Förderung des „Gesundheitstourismus“ in Kuba unterzeichnet.
  • Kuba hat in den ersten vier Monaten des Jahres mehr als 450.000 internationale Touristen empfangen.
  • Kubaner kehren mit historischen Siegen in Mexiko zum Profiboxen zurück.

Zum Weiterlesen finden Sie hier die einzelnen Artikel.

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