Das Capitolio, das berühmteste Wahrzeichen Havannas, kann wieder besichtigt werden
Habana Vieja wird dominiert durch das Capitolio, das Wahrzeichen Havannas, das als eines der höchsten Gebäude Cubas von fast überall aus der Altstadt zu sehen ist. Nach 8 Jahren Bauzeit wurde dieses Jahr das Capitolio wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Über Führungen können wir jetzt endlich das Innere dieses prächtigen Gebäudes in all seiner Schönheit betrachten. Die Kuppel ist zwar noch eingerüstet und auch im Innenraum werden noch die letzten Arbeiten erledigt, aber es ist fast alles fertig und regulär für Führungen geöffnet.
Tickets gibt es übrigens links unten, unter der Treppe! Wer sich nach oben, über die 55 Stufen der Escalinata macht, wird von einem Wachmann mürrisch nach unten geschickt. Kein Spaß, bei kubanischer Hitze müsst ihr dann die sonnigen Stufen noch einmal erklimmen!
Für mich persönlich war die Besichtigung auch ein spannendes Erlebnis, war ich doch das erste Mal 2011 in Cuba, also kurz nach der Schließung des Capitolio. Alle schwärmten von dem Gebäude, nur ich musste leider draußen bleiben! Nun waren wir im September im Rahmen unserer Sommerschule im Gebäude, übrigens geführt von Michael Diegmann, dem Chefrestaurator des Capitolio.
Die Baugeschichte
Das Capitolio war eigentlich 1912 als Präsidentenpalast geplant, wurde aber schon vor dem Beginn der ersten Baumaßnahmen zum zukünftigen Parlamentsgebäude umgewidmet. Der Erste Weltkrieg beendete die Baumaßnahmen aber schnell wieder. Fortgesetzt wurde die Bebauung des Areals erst 1926 bis 1929 unter Präsident Gerardo Machado mit riesigem Aufwand, vom Parlament bezogen wurde das Capitolio aber erst 1931. Architekten des Baus waren die Kubaner Raúl Otero und Eugenio Rayneri Piedra. Die Kuppel wurde übrigens aus den USA angeliefert!
Bis in die 50er Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts war das im klassizistischen Stil gebaute Capitolio das höchste Gebäude Kubas mit 92 Metern als Ausdruck der Macht des Parlaments, das dort seinen Sitz hatte.
Nach der Revolution zog in das Gebäude das Ministerium für Wissenschaft, Technologie und Umwelt ein. Jetzt, nach der Renovierung, wird im Capitolio die zweimal jährlich tagende „Nationalversammlung der Volksmacht“ (Asamblea Nacional del Poder Popular) ihren Sitz haben. Weiterhin werden wieder Tagungen, Kongresse und Empfänge in den vielen Sitzungsräumen stattfinden.
Vorbild des Capitolio: das Capitol in Washington?
Das erste, was wir denken, wenn wir das Capitolio sehen, ist: ok, eine Kopie des US-Capitols. Dazu verleitet einerseits der Name, andererseits natürlich die Nähe Cubas zu den USA. Nur ist es aber nicht so, dass das Capitol in Washington das direkte Vorbild war, sondern eher das Panthéon in Paris und eventuell die Peterskirche in Rom. Und der Name kommt auch nur indirekt aus Washington, ist nämlich der Capitolinische Hügel in Rom Namensgeber sämtlicher Capitols weltweit. Aber selbstverständlich schwang auch schon zur Bauzeit die Orientierung am Washingtoner Capitol mit, das wird allein dadurch klar, dass das Capitolio bis zur Revolution die Legislative, also die kubanischen Parlamentskammern beinhaltete, ganz wie in den USA.
Das Capitol in Washington ist übrigens insgesamt größer, aber an seiner höchsten Stelle 1,5 Meter niedriger als sein kubanisches Pentant 😉
Bei genauer Betrachtung der Bilder sehen wir schon, dass das Capitolio näher am Panthéon dran ist als am Capitol in Washington – wobei man natürlich davon ausgehen darf, dass sich auch die Kuppel des Capitol am Panthéon orientieren dürfte. Um euch das einmal genau zu zeigen, hier könnt ihr euch selbst einen Eindruck verschaffen:
Die drittgrößte Bronzestatue im Inneren
Direkt vor der Statue ist im Boden der der Eingangshalle ein in Gold gefasster, 24‐karätiger Diamant zu sehen, der „Stern von Cuba“. Er markiert den Kilometer Null des kubanischen Straßennetzes. Allerdings ist heutzutage nur eine Replik durch das Glasfenster zu sehen.
Die riesigen Tore sind auch noch einen Blick wert: in Bronze ist dort die Geschichte Cubas von der Landung des Kolumbus bis zur Erbauung des Capitolios dargestellt – die Teile über Machado sind übrigens nach der Revolution gegen ihn entfernt worden, gab es eben nicht nur im Alten Rom, die „Damnatio Memoriae“.
Sehr schön anzuschauen sind auch die Höfe, die vom französischen Landschaftsarchitekten Jean-Claude Nicolas Forestier entworfen wurden. Symmetrisch gegliedert, luden sie die Parlamentarier zum Spazieren unter Königspalmen ein – des Wahrzeichen Cubas. Und die Parlamentarier spazierten dann auch an der Statue des Rebellischen Engels vorbei, genau, Luzifer! Warum der es ins Parlament geschafft hat, kann ich euch aber nicht sagen 😉
Cliffhanger: Interview mit Michael Diegmann, dem Chef der deutschen Baufirma, verantwortlich für die Restaurierung
Die MD Projektmanagement war verantwortlich für die Restaurierung im Capitolio. Aktuell ist bei uns ein Interview mit Michael Diegmann, dem Chef von MD Projektmanagement in Vorbereitung über seinen Bezug zu Cuba, die Restaurierungsmethoden, die er am Capitolio angewandt hat und einige Besonderheiten des Capitolio, die man auf Anhieb gar nicht sieht.
Auf der Webseite von MD Projektmanagement seht ihr übrigens den Baufortschritt in einem interaktiven Foto!
Fazit: Das Capitolio, definitiv einen Besuch wert
Die Inneneinrichtung, der Marmor, die damals extrem fortschrittliche technische Ausstattung der Säle, alles sehr sehenswert, genauso wie die Gänge und Fluchten, die Ausblicke in die Gärten, die unglaublich schöne Fotomotive sind.
Wenn es euch also nach Havanna zieht, gehört ab sofort das Capitolio wieder zum Pflichtprogramm. Aber nicht vergessen: Tickets gibt’s unter der Treppe 😉
Saludos desde Berlin,
Euer Dietmar