Erdbeer und Schokolade im 21. Jahrhundert
Wer Erdbeer & Schokolade gesehen hat, einen der erfolgreichsten kubanischen Filme aller Zeiten, der wird sie kennen, die Stundenhotels in Havanna. Und sich vielleicht gefragt haben, warum er sie bei seinem letzten Kubabesuch im Straßenbild nicht wiedergefunden hat. Politische Gründe? Vielleicht. Aber eher humanitäre: die Stundenhotels wurden Hurrikan-Opfern zur Verfügung gestellt und dann nicht wieder geöffnet – der Wohnraum in Kuba ist knapp.
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Wohin gehen?
Und knapper Wohnraum ist dann auch genau der Grund, warum die Hotels wiedereröffnet werden. Es handelt sich bei den kubanischen Stundenhotels nämlich nicht um Stundenhotels in unserem Sinne, d.h. Zimmer, die an Prostituierte und deren Freier vermietet werden. Nein, die kubanischen Stundenhotels („posadas“) erfüllen einen anderen Zweck:
Erdbeer & Schokolade
Erdbeer & Schololade (Fresa y Chocolate) erzählt die Freundschaft zweier ungleicher Männer, des Studenten David (Vladimir Cruz) und des schwulen Künstlers Diego (Jorge Perugorría), die sich über alle Regime- und Interessengrenzen anfreunden. Ein absolut sehenswerter Film, der euch viel von Kubas Vergangenheit in der stalinistischen Periode zeigt.
Interessant für unser Thema ist der Film aber vor allem deshalb, weil die erste Szene in einen eben solchen Stundenhotel spielt. David führt seine Angebetete in das Hotel und sie ist, gelinde gesagt, nicht angetan vom Ambiente. Der Einblick, den Tomás Gutiérrez Alea uns damit aber gewährt, ist der einer klassischen Institution, die es eben gibt und die angenommen wird wie die Lebensmittelkarte, nicht mit Begeisterung, aber als praktischer Teil des Lebens.
Dort heißt es: “Das Zimmer war hoch und hässlich, grauenvoll, was soll ich dir sagen. Es gab einen kleinen Kleiderschrank ohne Türen, mit Drahtbügeln, die alle recht verbogen waren. Auf einem Tisch, von dem die Farbre abblätterte, eine Waschschüssel mit Wasser, ein Aluminiumkrug, zwei sowjetische Gläser, Klopapier und Duftseifchen. Das gelbliche Licht projizierte die Figuren an die Wand, auf der Zeichnungen und gemeine Wörter standen.”
Die Rückkehr der Stundenhotels
Wie die Gewerkschaftszeitung Trabajadores schreibt – mein Dank gilt hier dem ORF für den Hinweis auf den entsprechenden Artikel – wird es nun aber wieder neue Stundenhotels geben. Zwar gab es bisher auch einige private Hotels, dort kostet die Miete allerdings mindestens 5 CUC, mit dem normalen kubanischen Einkommen kaum zu leisten. Zum Vergleich: 1973 gab es 60 staatliche Posadas, 1989 immer noch 30.
Das Hotel Vento
Als erstes wird das Hotel Vento in ein Stundenhotel umgewandelt. Das Hotel, gelegen in Havanna an der Ecke Vento y Santa Catalina, verfügt über 16 Zimmer und – und das ist das ist speziell für eine Posada, Klimaanlagen und ein Restaurant, damit der Abend auch romantisch angegangen werden kann.
Nach dem Hotel Vento wird das Hotel Monumental in ein Stundenhotel umgewandelt und weitere werden folgen.
Eine Chance für die Liebe 😉
Warum die Hotels wiedereröffnet werden, begründet die betreibende Organisation, die Empresa Provincial de Alojamiento de La Habana, damit, dass die Leute sonst auf „Parks, dunkle Stiegen, den Strand oder sogar den Malecón“ angewiesen seien. Außerdem sei das Geschäft sicher profitabel. Grundsätzlich sei es „nicht abwegig, darüber nachzudenken, wie man mehr Möglichkeiten für die Liebe schafft, das ist etwas, das alle betrifft, und es darf nicht zu einem Luxus werden.“ (Zitiert nach ORF)
Insofern sind wir gespannt, wie sich diese Entwicklung im kubanischen Straßenbild niederschlägt, ob wir bald an bestimmten Ecken wieder Schlangen von Pärchen sehen werden.
Und last but not least: wenn ihr Fresa y Chocolate noch nicht gesehen habt – schnell nachholen, ist ein sehenswerter Film, nicht nur für Kubafans – hier findet ihr übrigens meine kubanischen Lieblingsfilme!
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