Hemingway und Havanna: eine enge Beziehung – unsere 1-Tages-Tour durch Havanna
Ihr könnt diese Tour etwa in einem Tag abfahren, entweder mit dem Mietwagen oder mit einem Chauffeur – mit Sammeltaxis geht es auch, aber das setzt schon einiges an Koordinationsvermögen voraus, da wir uns 2x in die Außenbezirke Havannas begeben. Aufgrund der beiden Cocktailbars würde ich euch empfehlen, euch einen Chauffeur zu suchen oder mit Taxis zu fahren – es wäre ja schade, wenn ihr nur an den Cocktails schnüffeln dürft, aber nicht trinken!
Die Hemingway-Tour
Hemingways Finca
Wir starten unseren Ausflug mit einem Trip in die Außenbezirke Havannas, nach San Francisco de Paula. Dort finden wir die Finca Vigia, also die Finca mit Aussicht, die Hemingway 1939 mietete, um sie 1940 zu kaufen. Dort wohnte er von insgesamt von 1939 bis 1960 mit seinen vielen Katzen und seiner dritten Frau Martha Gellhorn. Diese wollte nicht mit ihm im relativ kleinen Hotelzimmer des Ambos Mundos (s.u.) bleiben und suchte deshalb einen schönen Ort zum leben. Ab 1945 verbrachte er auf der Finca die Wintermonate mit seiner vierten Frau Mary Welsh Hemingway.
Hier ein kleiner Rundgang durch die Finca:
Wenn ihr mehr über die Geschichte der Finca lesen wollt, dann lest mal hier nach!
Die Pilar, Hemingways Boot
Das Fischerdorf Cojímar
Wer einen Einblick bekommen möchte, wie Cojímar früher ausgesehen hat, der sollte sich „Der alte Mann und das Meer“ anschauen, viele Szenen sind dort gedreht (nicht die Meeresszenen wohlgemerkt). Hemingway mochte den Film übrigens überhaupt nicht, genauso wie die Zuschauer, der Film von 1956 floppte im Kino und so ist er heute vor allem eine gute Dokumentation von Hemingways Cojímar.
La Terraza
Chris Doerck merkt zu La Teraza an, wir reden über die 1980er: „das war damals, als La Terraza noch ein Restaurant der Cubaner war und die Rechnung mit Pesos bezahlt wurde.“ Sicherlich war das Restaurant damals noch etwa so wie zu Hemingways Zeiten!
Hemingways Büste
Hemingway hat seinen Literatur-Nobelpreis übrigens allen Cubanern vermacht: “This is a prize that belongs to Cuba, because my work was both thought up and written in Cuba, with my people from Cojimar where I’m a citizen. Through all the translations, this adopted homeland where I have my books and my home is always present.” Die Medaille ist heute noch auf Cuba, wer sie allerdings sehen will, der muss nach Santiago de Cuba fahren. Dort hängt sie immer noch in der Basilica El Cobre.
Bodeguita del Medio: Hemingways 1. Bar
Zurück nach Havanna, konkret nach Habana Vieja, nach Alt-Havanna, in die Bodeguita del Medio! Hemingway beschreibt übrigens, dass er 2 Daiquiris brauchte, um von der Finca (mit dem Auto!) durch die Slums zu kommen. Er konnte den Anblick des Elends dort nicht ertragen – übrigens einer der Punkte, die Fidel Castro mit ihm sympathisieren lies.
An der Wand der Bodeguita steht auf einer Serviette: „Meinen Daiquiri im Floridita, meinen Mojito in der Bodeguita.“ gez. Hemingway.
Damals war die Bodeguita del Medio natürlich kein Touristenladen wie heute.
War Hemingway überhaupt Stammgast in der Bodeguita del Medio?
Auf der anderen Seite zitiert z.B. Chris Doerk Gregorio Fuentes, als Captain seines Schiffes einer der besten Freunde Hemingways, und der sagt, dass sie regelmäßig zusammen in die Bodeguita del Medio gingen. Da Gregorio Fuentes keinen Anreiz hätte zu lügen, gehe ich also im guten Glauben davon aus, dass Hemingway doch den einen oder anderen süßen Mojito trank. Und wir kennen das ja alle: nur weil wir gesundheitlich etwas nicht dürfen, heißt das noch lange nicht, dass wir das dann auch nicht machen!
Ambos Mundos – Das Hemingway-Hotel
Dort werden wechselnde persönliche Gegenstände Hemingways ausgestellt und es sieht aus, als ob Hemingway das Hotelzimmer nur kurz verlassen hat und gleich mit dem alten Otis-Fahrstuhl nach oben fahren würde. In diesem Zimmer begann Hemingway „Wem die Stunde schlägt“ zu schreiben, „Tod am Nachmittag“, „Haben und Nichthaben“ und „Die grünen Hügel Afrikas“.
Die Übernachtung im Hotel kostete Hemingway übrigens 1,50 $ (1,75 $ für 2 Personen)!
Tipp: In der Lobby des Hotels gibt es zwei Wände, an denen Hemingway-Fotos hängen. Wenn nicht zu viele Leute davorstehen, eine gute Foto-Location.
Wenn ihr den weiten Weg zur Finca nicht auf euch nehmen wollt, dann ist das Hotel Ambos Mundos ein guter Anlaufpunkt. Das Hotel hat übrigens auch eine schöne Dachterrasse mit einem guten Blick über Habana Vieja und den Hafen. Einen Cocktail trinken wir dort aber nicht, denn jetzt geht es weiter ins Floritida.
El Floridita: Hemingways 2. Bar
Hemingway verfiel dem Charme des Floridita mit seiner großen, massiven Holzbar und dem sympatischen Cocktailmixer, so dass er fast täglich dort war – und heute noch in Form einer Statue dort sitzt, eine super Fotolocation: auf einen Drink mit Hemingway! Der Überlieferung nach soll er eines morgens aus dem Ambos Mundos gekommen sein und eigentlich wollte er nur die Toilette im Floridita besuchen. Beim Verlassen fand er den Drink interessant, den jeder dort trank – und so begann seine Liebe zum Daiquiri.
Wolfgang Stock schreibt auf Hemingwayswelt.de über das heutige Floridita: „MY DAIQUIRI… EN EL FLORIDITA steht draußen groß als Reklame, dann seine Unterschrift, Ernest Hemingway. Das El Floridita verhunzte sich zum Ernest Hemingway- Rumsschuppen. Draußen, drinnen – das Getöse um den Schriftsteller wirkt unerträglich. Und so sieht man heute nur noch Touristen in der Bar. Für Einheimische ist der Daiquirí hier eh zu teuer.“
Der Daiquiri
Da der Daiquiri Hemingways Signature Drink ist, hier in Kürze die beiden Rezepte, für den klassischen Daiquri und den Hemingway Special.
Die International Bartenders Association schlägt für den für den normalen Daiquiri vor:
- 4,5 cl weißer Rum
- 2,5 cl Limettensaft
- 1,5 cl Zuckersirup
Mit 6-8 Eiswürfeln in den Shaker, geschüttelt, gesiebt und ohne Eis in einem Martiniglas oder einer Cocktailschale serviert.
Wenn ihr mehr über den Daiquiri wissen wollt, dann lest hier weiter!
Hemingways Daiquiri
Papa Hemingway trank jedoch eine Variation. Nachdem er bei seiner ersten Begegnung den klassischen Daiquiri gekostet hatte, soll er gesagt haben: „Das ist gut, aber ich möchte ihn lieber mit doppeltem Rum und ohne Zucker.“ So entwickelte Constantino Ribalaigua Vert, der Barkeeper des Floritida, einen neuen Drink für ihn, heute Hemingway Daiquiri, Papa Doble oder Daiquiri Special genannt. Wenn ihr in den Selbstversuch geht, dann passt auf, das ist ein hammerharter Drink!
- 6 cl weißer Rum
- 1,5 cl Maraschino
- 4 cl Grapefruitsaft
- 1,5 cl Limettensaft
Ob er auf den Zucker verzichtete, weil er Diabetiker war oder weil er ihm einfach nicht schmeckte, ist nicht überliefert. Schließlich trank er ja auch seinen Mojito mit Zucker. Oder etwa nicht? Siehe die Diskussion oben!
Er selbst schrieb über die Daiquiris übrigens: Sie hätten “no taste of alcohol and felt, as you drank them, the way downhill glacier skiing feels running through powder snow and, after the sixth and eighth, felt like downhill glacier skiing feels when you are running unroped.”
Annäherungen an Hemingway: Lese- und Netflix-Empfehlungen
Adios Hemingway von Leonardo Padura
Midnight in Paris von Woody Allen
Ebenso empfehle ich euch „Midnight in Paris“ von Woody Allen, auch dort treffen wir Hemingway, allerdings in seiner Pariser Zeit, die er mit allem möglichen Künstlergrößen verbrachte wie Pablo Picasso, Salvador Dalí, Man Ray oder F. Scott Fitzgerald. Midnight in Paris könnt ihr aktuell bei Netflix und Amazon Prime sehen.
Alles über Hemingway: Hemingwayswelt.de
Wer sich mehr über Hemingways Leben informieren will, dem empfehle ich den Blog „Hemingways Welt“, eine unglaublich ausführliche Sammlung zu allen Facetten von Hemingways Leben.
Und zum Abschluss: sprach Hemingway Spanisch?
Oder war er, wie viele Amis, einfach davon ausgegangen, dass alle Welt Englisch spricht? Hier ein Videodokument aus vergangener Zeit, leider mit schlechter Qualität, in dem der Meister selbst sich zu seinem Nobelpreis äußert (ein Dank an Stockpress für den Hinweis), auf mehr oder weniger flüssigem Spanisch:
Fazit: “I always had good luck while writing in Cuba…”
Ich wünsche euch viel Spaß auf eurem Hemingway-Rundgang durch Havanna, zum Einstieg könnt ihr ja noch „Der alte Mann und das Meer“ lesen oder „Wem die Stunde schlägt“. Sinnvoller ist sicher „Der alte Mann…“, da er in Cuba spielt. Beide Bücher bekommt ihr z.B. bei Booklooker schon für unter 2 Euro inkl. Porto.
Und eine Anmerkung noch zu den Cocktails: wenn ihr einen richtig guten Hemingway Special trinken wollt, dann müsst ihr nicht weit fahren. Trinkt ihn bei euch zu Hause in einer richtig guten Cocktailbar oder einer entsprechenden Hotelbar. In Cuba gibt es kaum gute Cocktails, das Wissen und die Tradition scheint mit dem Sozialismus untergegangen zu sein.
Über die Fischer in Cojímar und über ein geschenktes Jahr schreibt Stockpress übrigens sehr poetisch!
Saludos aus Berlin,
Euer Dietmar
PS: Und noch einen Dank an Kommentator Markus für den Hinweis auf ein falsches Finca-Bild. Das war mir einfach durchgegangen 😎
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Kommentare anzeigen (5)
In Kürze erscheint: "Kuba, Hemingway, eine Cohiba + ich" von Wolf Cropp im Verlag Expeditionen. Eine besondere Betrachtungsweise des Großschriftsteller in Kuba, dem Land, das ihn prägte.
Hallo Christiane,
klingt sehr spannend! Gerne kannst du mir ein Exemplar zusenden, das ich dann besprechen würde :)
Saludos, Dietmar
Dazu die Neuerscheinung: "Kuba, Hemingway, eine Cohiba + ich", von Wolf Cropp, Verlag Expeditionen. Im Kuba der Nach-Castro-Ära begibt sich der Autor im Inselstaat auf die Spuren des Großschriftstellers und macht eine ungeahnte Erfahrung.
Die Finca, die hier zu sehen ist, ist nicht die Finca in Havanna, sondern das Haus in Key West, das Hemingway bewohnt hat.
Oh je, natürlich hast du recht, hab das Bild gleich mal gelöscht! Dank dir!!! Saludos, Dietmar