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Letztes Update: 20. Juli 2024

Und die Aussichten sind nicht gut – die aktuelle Wirtschaftskrise hält an.

Von Andreas Knobloch, Havanna, 18. Juli 2024

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kuba-Interessierte,

vorgestern ist die 18-jährige Tochter eines Bekannten in ein Flugzeug gestiegen – nach Bulgarien. Sie ist dort verheiratet mit einem Anfang 30-jährigen Bulgaren aus einer Kleinstadt im Nirgendwo, der ein paarmal Urlaub in Kuba gemacht hat. Sie hat ihn einmal besucht. Nun will sie dort ein neues Leben starten – an der Seite eines Mannes, den sie kaum kennt, in einem Land, dessen Sprache sie nicht spricht und über das sie auch sonst kaum etwas weiß.
Nun kann man über ihre Naivität den Kopf schütteln. Oder vor so viel Mut, sich ins Unbekannte zu stürzen, den Hut ziehen. Ich sehe vor allem eine junge Frau, die ihre Zukunft nicht in Kuba sieht – wie so viele jungen Kubanerinnen und Kubanern. Das ist in meinen Augen die eigentliche Tragik.

In der vergangenen Woche war ich in der Bank, um meine Steuern zu bezahlen und habe dort eine Stunde herumgesessen. Mit meinen Ende 40 war ich mit Abstand der Jüngste in der Schlange. Wenn ich bei mir durchs Barrio laufe, sehe ich im Grunde nur noch alte Leute. Zwei Generationen – von Mitte 20 bis Mitte 40 – sind nicht mehr da. Und wer noch da ist, hat nur einen Gedanken: Wie und wann komme ich weg!

Einer aktuellen Studie der Vereinten Nationen zufolge wird die Bevölkerung Kubas bis zum Jahr 2100 auf den Stand von 1950 gesunken sein. Nach den UN-Hochrechnungen könnte die Bevölkerung Kubas bis dahin unter sechs Millionen Menschen sinken. Derzeit leben knapp zehn Millionen Menschen auf der Insel, wahrscheinlich eher weniger. Offizielle Statistiken zur Bevölkerungszahl gibt es nicht.

Zum Massenexodus und der alternden Bevölkerung kommt die nicht endende Wirtschaftskrise. Gerade erst hat die Regierung neue Kennzahlen vorgelegt. Demnach ist Kubas Wirtschaft im vergangenen Jahr um 1,9 Prozent geschrumpft. Das bestätigte Kubas Wirtschaftsminister Joaquín Alonso Vázquez am Montag während einer Arbeitssitzung des Wirtschaftsausschusses der kubanischen Nationalversammlung. „Wir haben nicht ausreichende Deviseneinnahmen, fast keinen Zugang zu externen Krediten und eine geringe Erholung der nationalen Produktion. Gleichzeitig gibt es Einschränkungen bei Brennstoffen und Energie, eine hohe und anhaltende Inflation und eine hohe Auslandsverschuldung“, umriss der Minister das Szenario. Die kubanische Regierung spricht selbst von Bedingungen einer „Kriegswirtschaft“ („economía de guerra“). Kubas Bruttosozialprodukt (BIP) liegt weiterhin weit unter dem Vor-Pandemie-Niveau. Und Besserung ist trotz aller optimistischen Parolen nicht in Sicht.

In dieser Woche wird das kubanische Parlament voraussichtlich einen neuen makroökonomischen Anpassungsplan der Regierung verabschieden – den zweiten innerhalb von nur sechs Monaten. Der Ministerrat hat zudem eine Reihe von Maßnahmen zur Ausgabenkürzung vorgelegt – von der Aussetzung öffentlicher Investitionen bis hin zur Kürzung von Haushaltsposten. Um der starken Inflation Einhalt zu gebieten, sind seit dem 8. Juli für eine Reihe von Grunderzeugnissen Preiskontrollen in Kraft. Die Maßnahme ist jedoch umstritten.

Denn die Preiskontrollen werden das zugrunde liegende Problem nicht lösen – im Gegenteil. In einer Mangelwirtschaft wie der kubanischen bestimmt nicht die Nachfrage den Preis, sondern das Angebot. Was also passiert in einer Mangelökonomie, in der Preisobergrenzen festgelegt werden? Für die (in diesem Fall privaten) Importeure – der Staat hat schon lange aufgehört, bestimmte Grundgüter in CUP anzubieten – lohnt sich die Einfuhr nicht mehr, da die Beschaffungs- und Lagerkosten zum Teil über den staatlich gedeckelten Verkaufspreisen liegen. Die Produkte werden dann nicht mehr oder in geringeren Mengen importiert und landen wie früher auf dem Schwarzmarkt – zu viel höheren als den aktuellen Preisen. In der Provinz Sancti Spiritus verschwindet Hühnchenfleisch bereits aus dem Sortiment der privaten Läden, wie lokale Medien berichten. Die Preiskontrollen haben also einen kontraproduktiven Effekt. Bei Bier und Speiseöl hat sich doch gezeigt, dass nur eine Ausweitung des Angebots zu sinkenden Preisen führt. Von der Bekämpfung der strukturellen Probleme – zu geringe Produktion, fehlende Deviseneinnahmen, hohe Staatsverschuldung – ganz zu Schweigen.

Aber die Regierung scheint den Privatsektor als Sündenbock ausgemacht zu haben. Gerade erst hat der Ministerrat neue Regeln zur Regulierung des Privatsektors gebilligt. Und auch die von Premierminister Manuel Marrero am Mittwoch in seiner Rede vor dem Parlament angekündigten neuen Maßnahmen, wie die Zahlung von Zollgebühren in Devisen und Bezahlung von Importen nur von kubanischen Bankkonten aus, richten sich gegen den Privatsektor. Dazu mehr in diesem Kuba-Brief.

Zu dem schwierigen wirtschaftlichen Szenario kommen außenpolitische Ungewissheiten. In anderthalb Wochen, am 28. Juli, finden in Venezuela Präsidentschaftswahlen statt. Die Opposition rechnet fest mit einem klaren Wahlsieg, die Regierung von Nicolás Maduro ebenso. Eine politische Übereinkunft zwischen Regierung und Opposition, das Wahlergebnis in jedem Fall anzuerkennen und mit politischen Garantien für die Unterlegenen gibt es bislang nicht. Es erscheint unwahrscheinlich, dass eine solche Vereinbarung noch vor den Wahlen zustande kommt. Kubas engster Verbündeter steht damit sehr wahrscheinlich vor turbulenten Nach-Wahl-Zeiten. Das dürfte auch Auswirkungen auf Kuba haben.

Doch damit nicht genug. Die neue Ost-West- oder wenn man so will Nord-Süd-Blockkonfrontation erreicht Kuba immer mehr. Gerade erst gab es neuerliche Berichte über eine chinesische Abhörstation auf Kuba. Der Besuch russischer Kriegsschiffe in Havanna – auch dazu mehr in diesem Kuba-Brief – zeigt wiederum die immer stärkere Hinwendung Havannas zu Russland. Und ein möglicher US-Präsident Donald Trump verheißt ebenfalls nichts Gutes für die Insel. Die Aussichten für die kommenden Jahre verdüstern sich.

Gleich zu Beginn in diesem Kuba-Brief geht es ausführlich um die teils drastischen wirtschaftlichen Maßnahmen, die Premier Marrero am Mittwoch vor dem Parlament ankündigte, sowie die bereits in Kraft getretenen Preiskontrollen für zahlreiche Grundgüter. Auf den kubanischen Privatsektor dürften härtere Zeiten zukommen. Zumindest die Rhetorik der Regierung verschärft sich. Ich hoffe, Sie finden etwas für Sie Interessantes in diesem Kuba-Brief. Wie gehabt freue ich mich über Rückmeldungen, Anregungen und Kritik.

Passen Sie auf sich auf und bleiben Sie gesund!
Andreas Knobloch

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Den Rest des Kuba-Briefs finden Sie hier: Weiterlesen!, unter anderem mit folgenden Themen:

1. Kuba kündigt drastische Maßnahmen gegen den Privatsektor an und dollarisiert seine Wirtschaft weiter. Auf der ersten Plenarsitzung der kubanischen Nationalversammlung am Mittwoch kündigte Kubas Ministerpräsident Manuel Marrero Cruz in einer langen Rede neue Wirtschaftsmaßnahmen an, darunter den Verkauf von touristischen Dienstleistungen in Devisen oder die Erhebung von Zöllen von privaten Importeuren in Devisenwährungen. […]

2. Preiskontrollen gegen die Inflation. Mit Haushaltskürzungen und Anpassungen des Wirtschaftsplans an die Bedingungen einer „Kriegswirtschaft“ sowie einer „einheitlichen“ Preispolitik im staatlichen und privaten Sektor versucht die kubanische Regierung, die schweren Wirtschafts- und Versorgungskrise des Landes in den Griff zu bekommen. […]

3. Russische Kriegsschiffe in Havanna. Vier russische Kriegsschiffe, darunter ein atomgetriebenes U-Boot, haben im Juni dem Hafen von Havanna einen viel beachteten Besuch abgestattet. […]

4. Neue Regelungen für den Import von Autos. In seinem Bericht vor dem Parlament am Mittwoch kündigte Premierminister Manuel Marrero Cruz eine neue Politik für die Einfuhr, die Vermarktung sowie die Übertragung des Eigentums an Kraftfahrzeugen, Anhängern und Sattelanhängern an. […]

5. Kuba modernisiert sein Einwanderungs-, Ausländer- und Staatsbürgerschaftsrecht. Entsprechende Gesetzentwürfe werden in diesen Tagen im Parlament diskutiert. Demnach erhalten Ausländer, die bereit sind, in staatliche oder private kubanische Unternehmen zu investieren, die Möglichkeit auf einen ständigen Wohnsitz in Kuba. […]

6. Kuba hat ein Komplott vereitelt, bei dem es darum ging, Waffen und Munition aus den Vereinigten Staaten auf die Insel zu schmuggeln. Dabei wurden fast drei Dutzend Personen festgenommen, die nach Ansicht der Behörden die Regierung des Landes destabilisieren sollten. […]

7. Peking und Havanna dementieren die Präsenz chinesischer Militäreinrichtungen auf der Insel. China und Kuba haben dementiert, dass Peking militärische Einrichtungen auf der Insel in der Nähe des US-Marinestützpunkts Guantánamo hat. […]

8. Von der EU sanktionierte russische Bank eröffnet Repräsentanz in Kuba. Novikom, eine Tochterbank des russischen Staatskonzerns Rostec, hat ein Büro in Kuba eröffnet und unterhält damit als erste russische Bank eine Niederlassung auf der Insel. […]

9. Kuba baut weitere Solarparks. In der Nähe der Gemeinden Manzanillo und Niquero in der Provinz Granma, sind Bulldozer dabei, Flächen vorzubereiten, auf denen zwei Fotovoltaikparks gebaut werden sollen. […]

10. Zollfreie Einfuhr bestimmter Waren nach Kuba abermals verlängert. Natürliche Personen können über den 30. Juni hinaus zollfrei Lebensmittel, Hygieneartikel und Medikamente nach Kuba einführen. […]

11. Seit Anfang Juli und für die kommenden drei (Sommer-)Monate verbindet ein Zug Havanna und die Strände von Playas del Este. […]

12. Das hätten sich die Fußballer der Cayman Inseln auch nicht träumen lassen, dass sie einmal Opfer der Ränke und Wirren der großen Weltpolitik werden würden. Die Fußballnationalmannschaft der Cayman Inseln musste ihr für Anfang Juni angesetztes WM-Qualifikationsspiel in Santiago de Cuba absagen. […]

 

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