Letztes Update: 11. September 2023
Kuba – Mythos und Realität
Anfang 2019 erschien ein Interview mit mir über meine Cuba-Beziehung im Blog von Tourvital. Aufgrund der Umstände mit Thomas Cook, der Muttergesellschaft von Tourvital, ist dieses Interview nun offline und ich veröffentliche den unredigierten Ursprungsbeitrag hier bei uns auf Cubanews, damit der Beitrag nicht verlorgen geht und ihr einige Einblicke bekommen könnt, z.B. wie ich auf Cuba gekommen bin.
Woher kommt deine enge Beziehung zu Kuba?
Überraschend und unerwartet, nicht geplant und völlig zufällig – aber dafür umso intensiver ? Ich war 2011 das erste Mal in Cuba um Entrepreneurship zu unterrichten. Die Humboldt-Universität veranstaltet dort zusammen mit der Universidad de la Habana eine Sommerschule und Entrepreneurship war in Cuba gerade das Thema der Stunde. An der Sommerschule nehmen kubanische und deutsche Studierende teil, die Kurse werden in Englisch unterrichtet und an beiden Unis anerkannt.
Und wie es sich so ergab, habe ich auf der Sommerschule meine jetzige Frau, Lianet, kennengelernt, die an der Uni Havanna Professorin für Politische Ökonomie war. Von da an ließ mich Kuba nicht mehr los, privat wie beruflich. Nicht nur, dass ich danach regelmäßig nach Kuba gefahren bin, um meine Freundin zu besuchen, ich habe auch den Blog Cubanews.de gestartet, auf dem ich seitdem wöchentlich über die schönen und die spannenden Seiten Kubas berichte.
Was fasziniert dich so an dem Inselstaat?
Gerade aus Sicht eines Entrepreneurs, der auf Kreativität und Improvisation im Lösen von Problemen setzt, finde ich Kuba natürlich faszinierend. Probleme werden gelöst, so gut es eben geht – und dabei kommen immer unglaublich kreative Ideen zutage. Trotz aller Widrigkeiten läuft auf der Insel alles. Vielleicht nicht wie geschmiert, aber doch so, dass die Kubaner den Alltag meistern können – und das (fast) immer mit einem Lächeln oder einem Lied auf den Lippen. Das ist es auch: die kubanische Seele ist halt einfach eher für die fröhlichen Seiten offen als der grüblerische, planende „Ich kann nicht klagen“-Deutsche.
Hast du einen Lieblings-Landesteil von Kuba oder einen Lieblingsort?
Ich halte mich meist in Havanna auf, das ist natürlich auch der Uni geschuldet, die immer der Uni Havanna ist, und außerdem bin ich ein Stadtmensch.
Neben Havanna bin ich noch ein Fan von Trinidad, das ist einfach immer eine Zeitreise, dort durch die Straßen zu wandeln, auf urigem Kopfsteinpflaster, Häuser aus der Gründungszeit Cubas überall.
Was muss ich auf Kuba unbedingt getan oder gesehen haben, wenn ich dort in Urlaub bin?
Auf jeden Fall gehört ein Trip in einem der alten Straßenkreuzer dazu, keinem Touristencabrio, sondern ein einfaches Taxi von der Straße, mit einem Toyotamotor und innen blanker Karosserie. Da fühlt sich die Straße gleich viel näher an, jede Bodenwelle kommt direkt durch oder führt zu einem Satz im Sitz.
Für kulturell Interessierte würde ich auf jeden Fall einen Besuch im Museo de Bellas Artes empfehlen, das Museum für die kubanische Kunst. Kuba hat nämlich nie den Anschluss zur weltweiten Kunstszene verloren und einiges zu bieten, kubanische Künstler hängen nicht nur im MoMA, sondern auch in mehreren deutschen Museen, z.B. der Neuen Nationalgalerie in Berlin oder im Sprengel Museum im Hannover. Kleine Anekdote am Rande: die Neue Nationalgalerie wurde von Mies van der Rohe übrigens für Havanna entworfen. Durch die Revolution ist sie dann in Berlin gelandet.
Hast du auch einen kulinarischen Tipp?
Meine Lieblingsgerichte sind Ropa Vieja und Picadillo. Ropa Vieja („Alte Wäsche“) ist eine Mischung aus Goulasch und Pulled Pork und sieht einfach aus wie alte Wäsche, die schon zerfasert. Gibt es meist vom Schwein, selten in seiner eigentlichen Version vom Rind – also fast wie beim Wiener Schnitzel, das ja auch meist nur „Wiener Art“ ist ?
Picadillo erinnert an eine Bolognese und ist mein absolutes Lieblingsgericht. Eingekochtes Rinderhack, mit Oliven und Rosinen, weißer Reis dazu. Sehr lecker, allerdings schwer zu bekommen.
Insgesamt gibt es inzwischen einige spannende Restaurants, die sich vom kubanischen Einheitsessen abheben. Mein Tipp: schon in Deutschland die Restaurantseiten von TripAdvisor herunterladen, mit Adresse und Telefonnummer zum Reservieren. In Cuba ist es mit dem Internet ja so ein Problem…
Kuba ist aber eigentlich auch nicht so für sein Essen bekannt, sondern für seine Cocktails, Mojito, Cuba Libre, Daiqiri, Presidente… Welcher der beste ist? Das kommt auf euren Geschmack an, da hilft einfach nur häufiges Testen! Wichtig ist: ein guter Cocktail muss in Kuba nicht teuer sein, mehr als 4 CUC ist Touristennepp.
Kuba und seine Traumstrände – wo badest du am liebsten?
Ich muss sagen, dass es mich gar nicht so zu den typischen Traumstränden zieht – ich bin ja auch meist in Havanna – und da sind die Playas del Este gleich in der Nähe. Die sind hervorragend, weil schön leer und man einfach mal schnell aus Havannas Stress in die Ruhe des karibischen Meers kommt. Klar, der Sand ist feiner in Varadero und den Cayos, dafür sind sie aber auch viel touristischer. An den Playas del Este trifft man vor allem am Wochenende auch die Habaneros, die es sich dort mit einer Flasche Rum gutgehen lassen.
Kuba ist sehr stark mit Klischees behaftet: eine wirtschaftlich schwache, aber sonnige Insel mit Bewohnern, die ständig lächeln, Musik machen, Zigarre rauchen, Rum trinken und Oldtimer fahren. Was davon ist Mythos, was Realität?
Gerade die Oldtimer sind natürlich die Touristenattraktion. Nichts steht so für Kuba wie ein Bild von einem pinkfarbenen 50er Jahre Chevrolet. Auf fast jedem Bild aus Kuba sieht man so einen. Dass es inzwischen weit mehr chinesische und europäische Autos gibt, blendet jeder Fotograf geschickt aus.
Sonst ist einfach viel an der Insel wirklich Klischee: die Bewohner sind vielleicht nicht immer fröhlich, aber doch deutlich weniger
miesepetrig als wir Deutschen – kein Wunder, scheint die Sonne doch 300 Tage im Jahr, das macht einfach gute Laune.
Salsa lernen die Kubaner schon in der Schule, in den Pausen tanzen schon die sechsjährigen zu Latino-Rhythmen miteinander – während wir Jungs in Deutschland noch „Iiiihhh, ein Mädchen!“ sagen.
Rum wird auch viel getrunken, vielfach einfach auch, weil das Bier zu teuer ist. Nur statt Zigarren werden überwiegend Zigaretten geraucht, manchmal hat man direkt das Gefühl, es gibt im Land ein Nichtrauchverbot.
Abgesehen davon leben die Leute hier in Cuba ihr Leben, in dem schon der Alltag ein Kampf ist. La Lucha (= Der Kampf) ist denn auch die Bezeichnung für das Erledigen der Alltagsbesorgungen: wo gibt es Fleisch, wo Reis, wo Küchenschwämme, wo Ventilatoren, wo Toilettenpapier. Nur Rum und Zigaretten gibt es immer, die gehen nie aus…
Als Touristen kommen wir natürlich selten mit dem wahren kubanischen Leben in Kontakt. Aber der Besuch in einem kubanischen Supermarkt gibt einen guten Einblick und lohnt sich für jeden Kuba-Urlauber. Dort gibt es vielleicht 60 Produkte, die in allen Regalen stehen, damit es nicht so leer aussieht. Ebenso ein kurzer Gang über einen der Bauernmärkte gibt interessante Einsichten. Denn dort gibt es zwar viel, aber alle haben das gleiche, überwiegend eben die Früchte der Saison.
Fazit
Es ist schon schade, was die Pleite von Thomas Cook auch in Deutschland angerichtet hat, ich hatte bei Tourvital nette Leute kennen gelernt!
Auf jeden Fall wünsche ich euch allen eine schöne Zeit, ob hier oder in Cuba, hoffentlich hat euch die Thomas Cook-Pleite nicht selbst erwischt!
Saludos,
Euer Dietmar
Gert Abramowski
8. Januar 2020 — 08:51
Hallo Dietmar,
ich war im Dezember zum ersten Mal auf Cuba und habe die 14 Tage in Habana verbracht. Fazit: Deinem Bericht ist nichts hinzuzufügen.
Die ersten drei Tage waren ein wenig entzaubernd, aber wenn man dann den Zugang zu den Menschen gefunden hat, sind die verbleibenden Tage zu kurz und zu wenig.
Ich fliege auf jeden Fall wieder hin. Da ich häufiger nach guter Schokolade, als nach Geld gefragt wurde, werde ich ausgewähltes Konfekt zum Verschenken mitnehmen.
Dietmar
11. Januar 2020 — 14:19
Hallo Gert,
die Menschen sind auch das, warum ich Cuba liebe, nicht die Hotels und die Infrastruktur. Und deren Freude und gute Laune, die allen Widrigkeiten trotzt 🙂
Saludos, Dietmar
Gronau Ehrhart
8. Januar 2020 — 19:38
Hallo Dietmar ich lese gerne deinen Blog,da es von einem Insider kommt.Du kritisiert was Dir auffällig erscheint.Aber ohne die sonst so übliche deutsche Ueberheblichkeit und Arroganz. Ich bin ehemaliger Unternehmer und komme aus dem Osten dieser bundesdeutschen Republik.Deshalb kann ich auch noch kubanisch fühlen. Ich war bis jetzt 2 mal in Kuba einmal 3 Wochen als Teilnehmer einer Reisegruppe.Danach als Individualtourist mit einer Kubanerin 6 Wochen in Kuba unterwegs.Das war Kuba und seine Menschen,seine Kultur und vor allem habe ich viel gelernt von und zur Revolution.Der Vater und die Mutter von Ella,so heißt die Kubanerin,haben mit Fidel gekämpft.War schon interessant.Wuerde dich gerne Kennenlernen.Vielleicht kann man Synergieeffekte nutzen.Eine gute Zeit EhrhartGronau
Dietmar
11. Januar 2020 — 14:21
Hallo Ehrhart,
vielen Dank für das Kompliment, denn ich versuche auch immer, mich in die Menschen hineinzuversetzen – nun leben wir hier ja, wirtschaftlich gesehen, im Paradis im Verhältnis zu fast allen Ländern der Erde und da steht uns Arroganz und das typische deutsche Besserwissen überhaupt nicht gut.
Melde dich, wenn du in Berlin bist, dann passt es vielleicht für ein schönes kubanisches Bier oder so 🙂
Saludos, Dietmar